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Stuttgarter Justiz erinnert an NS-Unrecht - Gemeinsame Pressemitteilung vom Haus der Geschichte Baden-Württemberg, Landgericht und Oberlandesgericht Stuttgart:

Datum: 28.01.2019

Kurzbeschreibung: 

Die Stuttgarter Justiz erinnert mit einer Dauerausstellung an das in der NS-Zeit begangene Unrecht. Das Haus der Geschichte Baden-Württemberg hat in einem Gemeinschaftsprojekt mit dem Oberlandesgericht und dem Landgericht Stuttgart das Projekt konzipiert und realisiert. Die Ausstellung „NS-Justiz in Stuttgart“ kann vom 30. Januar 2019 an besucht werden. Sie umfasst eine Dokumentation im 1. Obergeschoss des Landgerichts sowie Stelen auf dem Vorplatz an der Urbanstraße 20. Die Stelen sind den 423 Menschen gewidmet, die von 1933 bis 1944 im nördlichen Lichthof des alten Justizge-bäudes hingerichtet wurden.

„Die Ausstellung dient dem Gedenken an die Vergangenheit und mahnt, die Grundwerte des freiheitlichen Rechtsstaats in der Gegenwart zu schützen und zu verteidigen“, sagte die Präsidentin des Oberlandesgerichts Stuttgart, Cornelia Horz, beim Eröffnungspressegespräch am 28. Januar im Stuttgarter Landgericht. „Nicht nur sorgfältige und fachlich professionelle Rechtsanwendung, sondern vor allem auch Charakter und Gewissen der Richter kennzeichnen eine gute Justiz.“

„Es ist gut, dass wir diese Ausstellung mitten in den Räumlichkeiten unseres Gerichts haben“, betonte der Präsident des Landgerichts Stuttgart,
Dr. Andreas Singer. „Gerade uns Richterinnen und Richtern muss sie der Stachel im Fleisch sein. Die NS-Justiz war die Perversion eines Rechtsstaats. Der Volksgerichtshof und die Sondergerichte waren zentrale Terrorinstrumente. Ein solches Versagen der Dritten Gewalt darf sich niemals wiederholen.“

„Das Gericht wird zum Erinnerungs- und Ausstellungsort“, sagte Prof. Dr. Paula Lutum-Lenger, die Direktorin des Hauses der Geschichte. „Die Stelen tragen die Namen aller Hingerichteten, die bislang bekannt sind. Die Ausstellung veranschaulicht mit Fotografien und Dokumenten mehrere ihrer Schicksale.“ Die Ausstellungen im Landgericht, im ehemaligen Gestapo-Hauptquartier „Hotel Silber“ und in der Stauffenberg-Erinnerungsstätte bildeten nun „ein Band der Erinnerung an die NS-Zeit in der Stuttgarter Innenstadt“.

Ausstellungskuratorin Dr. Sabrina Müller vom Haus der Geschichte wies auf den Ermessensspielraum und die individuelle Verantwortung hin, die Richter und Staatsanwälte in der NS-Zeit hatten: „Das Sondergericht Stuttgart fällte auch ohne Druck des Reichsjustizministeriums Todesurteile wegen Bagatelldelikten.“

Die Ausstellung dokumentiert die nationalsozialistische Strafjustiz. Diese zielte zunächst auf die Ausschaltung politischer Gegner und die Unterdrückung einer kritischen Öffent-lichkeit. Während des Zweiten Weltkriegs verhängte das Sondergericht Stuttgart dann 60 Prozent der Todesstrafen in Prozessen wegen Eigentums- und Wirtschaftsdelikten. Für ein Todesurteil des Volksgerichtshofs reichte die Kritik an der nationalsozialistischen Kriegführung aus.

Die Dokumentation beleuchtet die Biografien der Richter und Staatsanwälte beim Sondergericht und bei den Strafsenaten des Oberlandesgerichts, die an Todesstrafen mitwirkten. Die meisten von ihnen waren von 1950 an wieder in der Justiz tätig. Ein weiterer Ausstellungsbereich erinnert an 73 jüdische Juristen und Juristinnen aus dem Landgerichtsbezirk Stuttgart, die in der NS-Zeit entrechtet, ermordet oder in die Emigration gezwungen wurden.

Der Katalog zur Ausstellung „NS-Justiz in Stuttgart“ ist an der Pforte des Landgerichts sowie im Museumsshop erhältlich und bestellbar per E-Mail unter museumsshop@hdgbw.de. Unter dem Titel „Nachdenken über den Rechtsstaat“ ist ein Begleitprogramm der Kooperationspartner mit Führungen, Vorträgen, Filmvorführungen und Podiumsdiskussionen u. a. mit Generalstaatsanwalt Achim Brauneisen geplant.
Informationen zur Ausstellung finden sich im Internet unter www.hdgbw.de/ausstellungen/projekte


Foto: Haus der Geschichte Baden-Württemberg




Foto: Haus der Geschichte Baden-Württemberg



Foto: Haus der Geschichte Baden-Württemberg




NS-Justiz in Stuttgart

Dauerausstellung des Hauses der Geschichte Baden-Württemberg im
Landgericht Stuttgart, Urbanstraße 20, 70182 Stuttgart, Vorplatz und 1. Obergeschoss
Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 9 bis 18 Uhr
Eintritt frei
Anmeldung für Führungen: besucherdienst@hdgbw.de, Tel. 0711/212-3989
Ausstellungkatalog: 228 Seiten, 200 Abbildungen, 20 Euro (museumsshop@hdgbw.de)

Öffentliche Führungen

Kurzführungen (ca. 30 Minuten) der Ausstellungskuratorin Dr. Sabrina Müller:
Dienstag, 12. Februar, 12.00 Uhr
Mittwoch 13. Februar, 17.00 Uhr
Donnerstag 14. Februar, 12.00 Uhr
(Treffpunkt: Foyer 1. Stock des Landgerichts)

Historischer Rundgang im Justizviertel (ca. 90 Minuten) mit Matthias Merz, Oberlandesgericht:
Freitag, 22. Februar, 17.00 Uhr
Dienstag, 26. März, 17.00 Uhr
(Treffpunkt: Foyer 1. Stock des Landgerichts)

„Spurensuche zur Stuttgarter Justizgeschichte“ (vom Marktplatz ins Justizviertel) mit Matthias Merz:
Dienstag, 26. Februar, 17.00 Uhr
Freitag, 5. April, 17.00 Uhr
(Treffpunkt: Marktbrunnen, Marktplatz Stuttgart)



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